Völlig oberflächlich, sich in Krisenzeiten mit dem eigenen Stil zu beschäftigen? Genau das Gegenteil ist der Fall.

Mit Stil-Entwicklung rettest du keine Leben und auch nicht das Klima. Aber auch in schwierigen Zeiten kann die Auseinandersetzung mit dem eigenen Stil guttun – als ein Zeichen von Selbstfürsorge und als Beitrag zum bewussten Fashion Konsum.

Dein Style gibt dir mehr Selbstvertrauen und Zuversicht – und leistet einen Beitrag zum bewussten Modekonsum.

Eine Pandemie haben wir überstanden – mit Klima-Krise, Krieg und Inflation sind wir derzeit dennoch konfrontiert. Bei einem meiner virtuellen Stil-Workshops brach kürzlich eine emotionsgeladene Diskussion los, die mit dem eigentlichen Inhalt des Workshops „Dress for Success – Deals in Heels“ so gar nichts zu tun hatte. 

Eine Teilnehmerin erzählte, wie sehr sie anfangs mit sich „gerungen“ (O-Ton) hatte, ob sie sich zum Workshop anmelden soll. Der Grund? Ihre Schwester hatte sie mit der wohl eher rhetorisch gemeinten Frage verunsichert: „Brauchst du echt Hilfe beim Anziehen? Und ist es bei allem, was gerade in der Welt passiert, nicht seicht, sich mit „Fashion & Style“ zu beschäftigen?“

Great Style is not just an Art. It’s also a Science.

Ist es angemessen, sich Hilfe in Sachen Style holen?!

Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich jetzt als Style CoachTM und für mich ist Stil-Entwicklung alles andere als profan oder „seicht“. Und noch weniger sollte sich irgendjemand dafür rechtfertigen müssen, wenn er bzw. sie sich Unterstützung dabei sucht, seinen Kleidungs-Stil weiterzuentwickeln. Ich finde, es ist einer der besten Investitionen, die man in sich selbst machen kann.  

Wir schneiden uns die Haare nicht selbst, sondern gehen zum Friseur. Wenn unser Auto eine Panne hat, gehen die meisten von uns in eine Werkstatt, anstatt sich ein Reparatur-Video auf YouTube anzuschauen. Es soll sogar Leute geben, die nicht allein, sondern mit einem Fitness Coach ihr Sportprogramm absolvieren. Alles völlig in Ordnung. Wieso sollten wir uns also dafür rechtfertigen, wenn wir uns Hilfe holen, um unserem stilsicheren Ich näher zu kommen? Den meisten von uns wird „Kleidungs-Kompetenz“, Outfits kombinieren und Kleiderschrank-Ordnung weder in Schule noch Uni beigebracht – obwohl unsere Kleidung einen so großen Anteil an unserem täglichen Wohlbefinden haben kann.

Die „Botschaft“ der nicht anwesenden Schwester stand nun also da im virtuellen Raum, eine provokant gestellte Frage nach dem Sinn von Stil-Entwicklung allgemein und in Krisenzeiten insbesondere. 

Von Style-Verweigererinnen & Style-Liebhaberinnen  – und von Stil als Mittel, seinen Zielen näher zu kommen.

Die Style Verweigerer

Die Diskussion ist nicht neu, denn die meisten Frauen haben eine Meinung zum Thema „Stil & Style“. Die einen empfinden es im günstigsten Fall als belanglose Zeit- & Geld-Verschwendung, sich mit dem eigenen Stil zu beschäftigen. Im ungünstigsten Fall gehen die Style-Verweigerinnen aber noch einen Schritt weiter und werten Frauen (und auch Männer) ab, die sich Gedanken um ihr äußeres Erscheinungsbild machen: als dumm, als oberflächlich oder mit dem altbackenen Begriff „Modepüppchen“. 

Das sind Meinungen, die man zur Kenntnis nehmen kann – die man aber getrost ignorieren kann, wenn sie nicht dem eigenen Bauchgefühl entsprechen.

Stil erfordert Selbstreflexion

Die Suche nach dem eigenen Stil hat etwas mit Selbstreflexion zu tun – und Stil-Entwicklung ist nach wie vor eines der am meist unterschätzten Mittel, um sich persönlich weiterzuentwickeln und dabei Spaß zu haben. Wer bin ich, wer will ich sein, welches Gefühl soll mir mein Outfit geben? Welche Werte und Kompetenzen will ich ausdrücken? Was sind meine Wünsche und Ziele? All diese Fragen beantwortet jede Frau anders – und genau das sollte sich auch im eigenen Stil widerspiegeln.

Ein Wintermantel als Grundstein für ein Immobilien-Imperium

Ein wunderbares Beispiel für eine Frau, der es gelang, sich wegen eines einzigen Kleidungsstücks mit völlig neuen Augen zu sehen, ist übrigens Barbara Corcoran. Corcoran, auch bekannt aus dem amerikanischen Pendant zur deutschen TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“, stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Anfang der 1970er Jahre versuchte sie, im New Yorker Immobiliensektor Fuß zu fassen. Völlig pleite entschied sie sich, in einen sündhaft teuren Wintermantel zu investieren. Es war dieses Kleidungsstück, mit dem sie laut eigener Aussage den Grundstein für ihr erfolgreiches Immobilien-Imperium legte. Und noch heute sagt sie, dieser Mantel sei die beste Investition ihres Lebens gewesen. Ja, es war nur ein Mantel – ein Stück Stoff, das zu einem Kleidungsstück verarbeitet wurde. Aber das Gefühl von Selbstvertrauen und Zugehörigkeit, das er ihr gab, war unbezahlbar.

Style Liebhaber: Fashionistas, Fashion Savants und die leisen Liebhaber

Und die Style Liebhaber? Auch in dieser Gruppe gibt es bekanntermaßen unterschiedliche Ausprägungen: Die Fashionista, die ihren Style regelrecht zelebriert, jeden Tag ein neues Trend-Outfit in den sozialen Medien postet, und Kleidung in erster Linie als Konsumgut und Mittel zur Selbstdarstellung versteht – zu oft setzt sie aber auf schnelllebige Trends statt auf echten Stil. Wir kennen elegante Ladies, die auf wertige und zeitlose Klassiker setzen. Und dann gibt es auch diejenigen unter uns, die gerne stylischer sein würden, sich aber nicht trauen oder nicht genau wissen, wo sie eigentlich anfangen sollen. So wie meine Teilnehmerin mit der style-kritischen Schwester. 

Aber ist es nun insbesondere in Zeiten, in denen auf eine Krise die nächste zu folgen scheint, oberflächlich – oder gar verwerflich – sich dem Thema Fashion & Style auseinander zu setzen? Ich habe das im Workshop diskutiert. Hier nochmals die Kurzform für den Blogartikel: 

1. Ich kann Wert auf meinen Stil legen und mich mit ernsten Themen auseinander setzen

„Es gibt wichtigere Dinge auf der Welt, als sich mit seinem Stil zu beschäftigen“ – das ist ein beliebtes Argument der Menschen, die Stil als Zeit- und Geldverschwendung oder oberflächlich ansehen. 

Woher kommt diese Dichotomie? Gibt es hier nur ein „entweder – oder“ – so, als ob mein Hirn (und mein Herz) bereits am Rande seiner Kapazitäten ist, nachdem es morgens ein Outfit für mich zusammengestellt hat? 

Oder hat es einen religiösen Hintergrund, dass stilsichere Menschen oft fälschlicherweise als hochmütig und eitel wahrgenommen werden (vorrangig von Menschen, für die Style augenscheinlich keine Rolle spielt)? Kleiner Exkurs hierzu: „Hochmut“ gilt einer der sieben Todsünden und erscheint in unterschiedlichen Varianten. Neben „Überheblichkeit“ und „Abgehobenheit“ gehört auch die Ausprägung „Eitelkeit“ dazu.

Doch falls du jemals in einer italienischen oder spanischen Kirche warst, und dort die tiefgläubigen und gleichzeitig schön gekleideten Menschen gesehen hast, dürfte es dir genauso schwer fallen wie mir, die Menschen dort für oberflächlich, selbstbezogen oder sinnentleert zu halten. Stil-Ikonen wie die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, die EZB-Präsidentin Christine Lagarde oder die unvergleichliche Audrey Hepburn, die in ihrer zweiten Karriere als UNICEF Botschafterin unermüdlich für die Rechte von Kindern eintrat, sind ebenfalls hervorragende Beispiele dafür, dass sich Stil und Tiefgang keineswegs ausschließen. 

Und was die Zeitverschwendung betrifft: dauert es nicht genauso lange, ein Schlabber-Outfit überzuziehen wie ein Outfit zu wählen, in dem wir uns gut und vorbereitet für den Tag fühlen? Und selbst wenn es zwei Minuten länger dauern sollte, ist das gut investierte Zeit, denn: wie wir den Tag beginnen, hat einen nicht unerheblichen Einfluss darauf, wie der Tag sonst so läuft. Und wenn wir zufriedener mit uns selbst sind, sind wir ausgeglichener, selbstbewusster und zuversichtlicher. Auch anderen Menschen gegenüber zeigen wir uns offener und zugewandter, sprich: unser Umfeld profitiert ebenfalls.

2. Stil bedeutet Selbstfürsorge und fördert Selbstvertrauen

Nur wenn du dich ausreichend um dich kümmerst, hast du Ressourcen für andere frei.

Es ist nichts Oberflächliches an dem Wunsch, sich gut und schön fühlen zu wollen – es ist zutiefst menschlich. Ich kenne keine Frau, die morgens in der Absicht aufsteht: „Heute will ich mich `mal so richtig schlecht und hässlich fühlen.“ Was aber oft passiert: wie auf Auto-Pilot schlüpfen wir morgens in Klamotten, die es nicht gerade leicht machen, ein Gefühl von Zufriedenheit und Zuversicht zu erzeugen.

Gerade in Krisenzeiten aber ist bewusste Selbstfürsorge wichtig – damit wir angesichts der kleineren und größeren Herausforderungen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden, nicht ausbrennen, müssen wir in erster Linie dafür sorgen, dass es uns selbst gut geht. Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt wie ein Kalenderspruch klinge: Das englische „you cannot pour from an empty cup“ trifft es auf den Punkt. Wie sollen wir uns um andere kümmern, wenn unser eigener Akku leer ist? Kleine Routinen oder Rituale sind einfach umzusetzen, und alles ist hilfreich, was uns ein Lächeln entlockt oder unsere Stimmung positiv beeinflusst. Beim Thema Style sind es Kleinigkeiten, die schon viel bewirken: der rote Lippenstift, der uns frischer und präsenter aussehen lässt, statt müde und ausgelaugt. Der Pulli in unserer Lieblings-Farbe. Der wertige Seidenschal oder das schöne Schmuckstück. Finde in deinem Schrank die Stücke, die dir sofort ein gutes Gefühl geben – und mache nicht den Fehler, die guten Stücke für diese besondere Gelegenheit aufzuheben, die dann vielleicht doch nie kommt.

Damit möchte ich nicht sagen, dass wir uns jeden Tag in ein Designer-Outfit hüllen sollten. Denn es gibt sie, diese Tage, an denen es einfach die Jogging-Hose sein muss. Doch wenn wir sie wählen, dann sollten wir das bewusst tun (und wenn möglich, „in schön“) – weil wir beispielsweise vorhaben, den Tag gemütlich mit Buch & Netflix auf dem Sofa zu verbringen. Die Jogging-Hose – oder in manchen Fällen auch die Pyjama-Hose – sollte aber nicht zum „Default-Outfit“ während einer Pandemie oder im Home Office werden. Es ist ungleich viel schwerer, unserem Gehirn im Schlabberlook positive Impulse zu senden (Stichwort „Enclothed Cognition“)– zahlreiche Studien belegen das. 

Barbara Corcoran’s Hack – es lohnt sich, ihn auszuprobieren

Auch wenn du nicht vor hast, ein Immobilien-Imperium zu gründen: es lohnt sich, Barbara Corcoran’s Hack auszuprobieren. Unsere Kleidung hat generell mehr Einfluss darauf, wie wir uns fühlen, als wir das gemeinhin annehmen – und sie kann uns dabei unterstützen, uns das Gefühl zu geben, nach dem wir gerade suchen. Wenn du einen Tag vor dir hast, an dem du dich motiviert und stark fühlen möchtest, dann hilft es, die extra Meile zu gehen und ein entsprechendes Outfit aus dem Schrank zu ziehen – du wirst sehen, dass du zufriedener und glücklicher in den Spiegel schaust. Dieses Gefühl wird dir die belanglose Jeans-&-T-Shirt-Kombination oder das Schlabber-Outfit nicht geben können. Mit dem zufriedenen Blick in den Spiegel wird dein Selbstvertrauen steigen. Was wiederum die Voraussetzung ist, dass du mit all den kleinen und großen Herausforderungen, die täglich auf uns einprasseln, besser umgehen kannst.

Kleiderschrank Ausmisten für mehr Leichtigkeit und Fokus 

Gehörst du zu den Frauen, die bereits morgens völlig entnervt, frustriert oder in der totalen Hektik sind, weil der Kleiderschrank voll gestopft mit „Nix zum Anziehen“ ist? Dann nimm‘ dir ein paar Stunden Zeit, miste deinen Schrank aus und ordne ihn neu. Es lohnt sich, versprochen.

Nichts ist anstrengender, als den Tag mit der Suche nach dem passenden Outfit zu beginnen – um sich dann doch geschlagen zu geben und wieder zum immer selben „Default-Outfit“ zu greifen. Laut Studien nutzen wir ohnehin nur 80% des Inhalts unseres Kleiderschranks – eine immense Verschwendung von Zeit, Geld und auch Ressourcen. Gibt es Fehlkäufe in deinem Schrank, die ein Dasein als Schrankleichen fristen und wertvollen Platz aufbrauchen? Oder hast du Stücke, die nur noch einen nostalgischen Zweck erfüllen – die aber mit deinem derzeitigen Leben nichts zu tun haben? 

Gerade in schwierigen Zeiten kann es unglaublich befreiend sein, Ordnung zu schaffen – indem wir Ballast abwerfen und Struktur in eventuell vorhandenes Chaos unserer Umgebung bringen. Äußere Geschehnisse wie Krieg oder Klima-Krise können wir nicht direkt beeinflussen – aber unser direktes Umfeld können wir durchaus so gestalten, dass wir uns darin wohl und sicher fühlen. Ein gut sortierter Kleiderschrank bringt dir ein Gefühl von Gelassenheit, Kontrolle und Fokus – unbezahlbar in einer Zeit, in der sich viele von uns angesichts der Negativ-Schlagzeilen, mit denen wir derzeit konfrontiert werden, überfordert und hilflos fühlen. 

Du musst die Ausmist-Aktion auch nicht an einem einzigen Tag durchziehen, obwohl das in vielen Ordnung-Ratgebern propagiert wird. Falls es dir (wie einigen meiner Kundinnen) leichter fällt, dann ordne deinen Schrank in mehreren kleinen Etappen, indem du dir jeweils eine bestimmte Kategorie vornimmst. Es gibt tonnenweise Ratgeber, auf welche Art und Weise wir unseren Kleiderschrank strukturieren können. Falls du aber meine ganz speziellen Tipps haben willst – und die habe ich wirklich bisher in keinem deutschen Ratgeber gefunden, dann melde dich doch hier für meinen Newsletter an und verpasse nicht den Blog-Artikel zum Thema. 

Mit Love & Style, Simone aka PrimeStylista

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